Der Preis ist heiß – Preisanpassungsklauseln in Lizenzverträgen
Sachverhalt
Wie groß ist die Flexibilität des Lizenzgebers, wenn er sich in langfristigen Verträgen die Möglichkeit der Preisanpassung sichern will? – Nicht grenzenlos, sagt das OLG Jena in einer neuen Entscheidung (siehe hier).
In dem Fall ging es um einen Franchisevertrag über den Vertrieb von Fertighäusern. Er wurde zwischen der Lizenzgeberin und späteren Beklagten und der Lizenznehmerin und späteren Klägerin im Jahr 2011 abgeschlossen und folgende Regelung zur Lizenzgebühr vorsah:
„Als Gegenleistung für die Nutzung der Vertragsrechte zahlt der Lizenzpartner pro verkauftes Haus eine Gebühr (…). Die derzeit gültigen Lizenzgebühren sind der Anlage 14 dieses Vertrages zu entnehmen. Die Anlagen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dieses Vertrages und werden vom Lizenzgeber jeweils zu Beginn eines Quartals aktualisiert.“
Die Lizenzgeberin und Beklagte hatte in der Anlage 14 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den „Stand 01. Juli 2011“ und die Gültigkeit „bis 30. September 2011“ vermerkt.
Im Jahr 2012 aktualisierte die Beklagte ihre Lizenzgebühren und stellte der Klägerin ab diesem Zeitpunkt die höheren Lizenzgebühren in Rechnung.
Diese hatte die Klägerin bis ins Jahr 2015 gezahlt. Im Jahr 2015 erhebt sie Klage und verlangt die Rückerstattung der Differenz zwischen den im Lizenzvertrag von 2011 festgelegten Lizenzgebühren und der abgerechneten höheren Lizenzgebühren. Sie hält die im Vertrag enthaltene Preisanpassungsklausel für unwirksam.
Die Beklagte hatte sich im Verfahren unter anderem mit dem Argument verteidigt, dass Preisabsprachen zwischen Parteien eines Vertrages nicht der gerichtlichen Kontrolle unterlägen. Selbst wenn man von einer gerichtlichen Kontrolle ausginge, sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass die Klägerin Kenntnis von der Möglichkeit von Preisanpassungen hatte und die aktualisierten Lizenzgebühren auch über Jahre anstandslos bezahlt habe.
Entscheidung
Das Landgericht Erfurt hatte die Klage der Klägerin auf Rückerstattung des Differenzbetrags noch abgewiesen. Das OLG Jena sah dies anders und bejahte einen Anspruch der Klägerin.
Bei der in Streit stehenden formularmäßig von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklausel handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Diese sei auch der gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Ausgenommen von einer gerichtlichen Kontrolle seien nämlich nur solche Klauseln, die Leistung und Gegenleistung eines Vertrags unmittelbar festlegen.
Das bedeutet in diesem Fall, dass das Gericht die Klausel insoweit nicht überprüfen kann, als diese die ursprünglich geltenden Preise aus 2011 festlegt, denn die Festlegung der unmittelbaren Preise liegt im Ermessen der Parteien. In Streit steht hier aber die Regelung zur einseitigen Anpassung der ursprünglichen unmittelbaren Preisabrede durch die Beklagte. Eine solche Regelung ist als sogenannte Preisnebenabrede der gerichtlichen Kontrolle zugänglich.
Das Gericht bewertete die konkrete Preisanpassungsklausel in diesem Fall als unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Regelung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung dann unwirksam, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Regelung nicht klar und verständlich ist.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts ist die Preisanpassungsklausel der Beklagten intransparent. Der Vertrag enthält an keiner Stelle Informationen, aus denen die Klägerin bestimmen könnte, in welchem Umfang oder auf welcher Berechnungsgrundlage Preiserhöhungen vorgenommen werden. Der Umstand, dass die Klägerin bei Unterschrift von dieser unbestimmten Regelung Kenntnis hatte, helfe der Beklagten nicht. Bei der dann folgenden Gesamtabwägung folgert das Gericht aus der Intransparenz der Klausel auch eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin. So erkennt das OLG Jena zwar an, dass in langjährigen Geschäftsbeziehungen ein Bedürfnis zur Anpassung der Gegenleistung bestehen könne und die Klägerin kein besonderes Vertrauen in einen bestimmten Preis haben konnte, weil sie von der Existenz der Klausel wusste; zu Lasten der Beklagten spricht allerdings, dass die Beklagte zumindest Kriterien für die Preiserhöhung in den Vertrag hätte aufnehmen können. Dabei hätte man sich z.B. an der prozentualen Steigerung der Endverkaufspreise der Fertighäuser orientieren können. Und selbst wenn man der Beklagten folgen würde, und eine Konkretisierung der Preisfaktoren nicht möglich gewesen wäre, hätte die Beklagte ein Sonderkündigungsrecht für die Klägerin vorsehen müssen. Das habe sie jedoch nicht getan.
Nach der gesetzlichen Regelung entfällt die damit unwirksame Preisanpassungsklausel ersatzlos. Die ursprüngliche Lizenzgebühr aus 2011 muss dem gesamten Vertrag zu Grunde gelegt werden. Die Klägerin konnte also zu viel gezahlten Lizenzgebühren in einem fünfstelligen Bereich zurückfordern.
Interessant ist, dass das OLG Jena die Rechtsprechung des BGH zu Preiserhöhungsklauseln in Verbraucher-Energielieferungsverträgen (vgl. BGH, Urteil vom 3.12.2014 – VIII ZR 370/13) auf den vorliegenden Fall nicht für übertragbar hielt. Nach dieser Rechtsprechung kann sich ein Verbraucher, der über einen Zeitraum von 3 Jahren anstandslos Preiserhöhungen auf Basis einer Preisanpassungsklausel bezahlt, nicht mehr auf die Unwirksamkeit der Regelung berufen. Dogmatisch begründet der BGH das Ergebnis in diesen Fällen mit einer ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung dessen, was die Parteien vernünftigerweise vereinbart hätten, wenn sie von der unwirksamen Regelung gewusst hätten. Bei einem langjährigen Vertrag über Energieleistungen bestehe ein berechtigten Interesse an einer Preisanpassung, so dass ein Verbraucher die Unwirksamkeit spätestens innerhalb von 3 Jahren rügen müsse.
Das Gericht sieht zwar im vorliegenden Fall ebenfalls ein Interesse der Parteien an der Möglichkeit einer Anpassung. Die Übertragbarkeit der Rechtsprechung scheitert aber daran, dass nicht festzulegen sei, was die Parteien vernünftigerweise vereinbart hätten, wenn sie von der unwirksamen Regelung gewusst hätten. Gerade weil der Vertrag an keiner Stelle Anhaltspunkte dazu liefere, auf welchen Faktoren die Lizenzgebühren berechnet werden, kämen eine Vielzahl von Regelungsmöglichkeiten für eine Preisanpassung in Betrag. Für welche Regelung die Parteien sich mutmaßlich entschieden hätten, kann nicht erkannt werden.
Der Umstand, dass der Vertrag überhaupt keine Faktoren zur Kalkulation der Lizenzgebühren offenlegte, war für die Beklagte damit gleich doppelt von Nachteil. Zum einen war ihre Preisanpassungsklausel damit unwirksam. Zum anderen scheiterte auch eine ergänzende Vertragsauslegung, mit der die Beklagte im Ergebnis vielleicht nicht die gesamte Differenz hätte zurückerstatten müssen.
Praxishinweis
Der Fall macht einmal mehr deutlich, dass das deutsche AGB-Recht auch im unternehmerischen Verkehr ein scharfes Schwert ist. Dies gilt im Fall von Preisanpassungsklauseln, die gerade in Lizenzverträgen mehr Regel als Ausnahme sind, in besonderem Maße. Mit der Unwirksamkeit ist nämlich in der Regel direkt ein Anspruch auf Rückzahlung verbunden. Es lohnt sich daher präzise zu sein und möglichst genau Umfang und Kalkulation der Preisanpassung festzulegen. Das erfordert bei Vertragserstellung etwas mehr Sorgfalt und Planung, bewahrt aber vor bösen Überraschungen.