Fulfillment-Dienstleister können für Urheberrechtsverletzungen ihres Auftraggebers haften

von am 10. Dezember 2020

Nach einem Urteil des OLG Köln vom 17.07.2020 (Az.: 6 U 212/19) kann auch ein Fulfillment-Dienstleister für Urheberrechtsverletzungen seines Auftraggebers haften.

Sachverhalt

In dem Fall hatte der Betreiber eines eBay-Webshops in seinem Angebot zwei Fotos des Klägers genutzt, ohne für die Nutzung der Fotos eine entsprechende Lizenz einzuholen.

Der Kläger ging nun gegen diese Urheberrechtsverletzung vor und kontaktierte den Beklagten, dessen Name und Adresse auf dem Webshop unter der Angabe „Rechtliche Informationen des Verkäufers“ wie folgt genannt war:

„Handelsunternehmung T.

N. K. (Anm.: = Beklagter)

I. Str. 157

V.

Germany“

Der Beklagte war vom Betreiber des Webshops (Handelsunternehmung T.) mit der Abwicklung von Verkäufen an Kunden in Deutschland beauftragt worden. Er übernahm die Lagerung der Waren, den Versand an Kunden sowie die Abwicklung von Retouren (sogenannte Fulfillment-Dienstleistungen). Zu diesem Zweck hatte der Beklagte auch eingewilligt, dass sein Name und Kontaktdaten auf dem Webshop des Betreibers genannt werden. Allerdings hatten die Parteien keine Regelung dazu getroffen, wie und wo das geschehen sollte. Der Beklagte wandte im Prozess ein, dass die Handelsunternehmung T. und nicht er Betreiber des Webshops sei. Von der Nutzung seiner Daten unter der Angabe „Rechtliche Informationen des Verkäufers“ habe er keine Kenntnis gehabt. Ebenso wusste er nichts von der konkreten Ausgestaltung des Angebots (und der Nutzung der Fotos). Er sei daher für die Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich. Entsprechende vorgerichtliche Korrespondenz habe er ungelesen an den Betreiber des Webshops weitergeleitet.

Entscheidung

LG Köln: Haftung des Fulfillment-Dienstleisters als Täter

Das Landgericht Köln hatte den Beklagten in erster Instanz noch als Täter der Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 1 UrhG verurteilt. Seine Rolle als reiner Fulfillment-Dienstleister für den Betreiber des Webshops sei unerheblich, da er zumindest mit Abwicklung des ersten Verkaufs auch Kenntnis vom Angebot der Ware und der rechtsverletzenden Nutzung der Fotos gehabt habe.

OLG Köln: Keine Haftung als Täter, aber als Störer

Das OLG Köln sieht zwar die Voraussetzungen für eine Haftung des Fulfillment-Dienstleisters als (Mit-)Täter nicht gegeben, wohl aber eine Verantwortlichkeit als Störer.

Für Haftung als Täter fehlt es an Kontrolle und konkreter Kenntnis

Anders als das LG Köln, ist das OLG Köln bei der Annahme einer für die täterschaftliche Verantwortlichkeit erforderliche Kenntnis der Rechtsverletzung strenger. Der Beklagte habe vorliegend weder eine tatsächliche Kontrolle über das letztendliche Angebot des Webshops gehabt, noch sei nachgewiesen, dass er Kenntnis von der konkreten Rechtsverletzung gehabt habe. Die Einwilligung seine Daten Kunden als Kontaktadresse für Retouren und Versand zu nennen, begründe keine Billigung für urheberrechtsverletzende Inhalte.

Voraussetzung der Störerhaftung gegeben

Der Beklagte ist nach Ansicht des OLG Köln aber als Störer für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich und dem Kläger zur Unterlassung und Ersatz der entsprechenden Abmahnkosten verpflichtet.

Eine Haftung als Störer setzt voraus, dass der Störer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten, insbesondere Prüfungspflichten verletzt. Beide Voraussetzungen hält das OLG Köln vorliegend für erfüllt.

Der kausale Beitrag läge bereits in der Einwilligung des Beklagten zur Nutzung seiner Daten. Ohne eine solche Einwilligung hätte der Betreiber keinen Webshop eröffnen können und das konkrete Angebot einstellen können.

Prüfpflichten bereits durch Überlassung eigener Daten an Dritte; Jedenfalls Haftung ab Kenntnis

Spannend wird es nun bei den Prüfpflichten. Hier führt das OLG Köln aus, dass sich bereits aus der Überlassung eigener Daten an einen Dritten zur freien Nutzung eine Gefahrenquelle ergäbe, die entsprechende Prüfpflichten auslöse. Konkret hätte der Beklagte hier demnach entweder vertraglich festlegen müssen, wie seine Daten auf dem Webshop genannt werden dürfen, um den Anschein einer inhaltlichen Verantwortung für die Seite zu verhindern. Oder er hätte die konkrete Nutzung jedenfalls überprüfen müssen. Dabei hätte zum Beispiel ein Hinweis beigefügt werden können, dass der Beklagte reiner Fulfillment-Dienstleister und nicht Betreiber des Webshops ist.

Selbst wenn man entgegen der Ansicht des OLG Köln noch keine anlassunabhängigen Prüfpflichten des Beklagten annähme, hätte der Beklagte – so das OLG Köln – zumindest nach Erhalt des Anwaltsschreibens tätig werden müssen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt sei er wegen grob fährlässiger Unkenntnis als Störer verantwortlich.

Hinweis für die Praxis

Dieses Urteil zeigt, dass man auch als reiner Fulfillment-Dienstleister nicht davor gefeit ist, für Urheberrechtsverletzungen seines Auftraggebers zu haften. Deshalb sollten entsprechende Fulfillment-Dienstleistungsverträge sorgfältig gestaltet und geprüft werden. In jedem Fall gilt: Haben Sie Kenntnis davon, dass eine Rechtsverletzung im Raum steht, kontaktieren Sie umgehend Ihren Auftraggeber und klären Sie die Verantwortlichkeiten.

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