Nicht immer, aber immer öfter: Kennzeichnung von Influencer-Posts als Werbung

von am 11. Februar 2019

Die Frage, ob bzw. unter welchen Umständen Influencer ihre Beiträge (Posts) als Werbung kennzeichnen müssen, beschäftigt Gerichte und Influencer schon seit Längerem. Das Kammergericht hat mit seinem Urteil vom 8. Januar 2019, Az. 5 U 83/18, zu weiterer Klarheit beigetragen. Nach der Entscheidung des Kammergerichts ist eine Kennzeichnung dann nicht erforderlich, wenn die beworbenen Produkte redaktionell in Bezug genommen werden und selbst erworben worden sind.

Der Sachverhalt

Die Bloggerin und Influencerin Vreni Frost hatte in ihrem Instagram-Profil drei nicht als Werbung gekennzeichnete Beiträge gepostet. Dies hatte ein Verbraucherverband beanstandet und Vreni Frost vor dem Landgericht Berlin wegen der Veröffentlichung kommerzieller Inhalte ohne Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks („Schleichwerbung“) in Anspruch genommen.

Bei den drei streitgegenständlichen Posts handelte es sich um die folgenden (mittlerweile als Werbung gekennzeichnet): Flugzeugkabine, Luftballons, Bananas.

Das Landgericht hatte in seinem Urteil vom 24. Mai 2018, Az. 52 O 101/18, alle drei Beiträge als kennzeichnungspflichtige Werbung angesehen. Gegen dieses Urteil legte Vreni Frost Berufung zum Kammergericht ein.

Die Entscheidung

Das Kammergericht beurteilte die Posts „Flugzeugkabine“ und „Luftballons“ als kennzeichnungspflichtige Werbung, den Post „Bananas“ hingegen nicht.

„Flugzeugkabine“ und „Luftballons“

Bei diesen Posts ging das Gericht zunächst davon aus, dass Vreni Frost als Unternehmerin handeln würde, da sie die Vermarktung ihres eigenen Images zum Geschäftsmodell gemacht habe. Derartige Posts stellen daher keine private Selbstdarstellung dar, sondern sollen das eigene Unternehmen fördern.

Vreni Frost habe aber auch jeweils ein fremdes Unternehmen gefördert, indem sie das gepostete Foto mit einem das Unternehmen bezeichnenden Tag versehen habe und den Instagram-Auftritt des Unternehmens verlinkt habe. Dies sei auch nicht vorrangig aus redaktionellen Gründen erfolgt. In beiden Fällen erfolgte das Setzen des Tag und die Verlinkung vielmehr ohne redaktionellen (inhaltlichen) Bezug zum geposteten Text und Bild.

Der Post „Flugzeugkabine“ befasst sich mit einem Upgrade, das Vreni Frost von der Fluggesellschaft erhalten hatte, nicht aber mit einem elektronischen Gerät, das aus dem verlinkten Unternehmen stammt. Vreni Frost hatte im Verfahren sogar eingeräumt, dass dieses Unternehmen die Kosten ihrer Reise getragen hatte.

Der Post „Luftballons“ befasst sich in seinem Text mit den Schwierigkeiten des Fotografierens bei Wind, nicht aber mit den Haarpflegeprodukten des verlinkten Unternehmens. Auch das Bild nimmt auf solche Produkte keinen Bezug. Vreni Frost hatte insoweit vorgebracht, dass sie die Luftballons auf einer Veranstaltung des Unternehmens erhalten habe. Dieser Zusammenhang wird jedoch weder in Text noch Bild auch nur ansatzweise angedeutet.

Das Kammergericht setzt sich in der Entscheidung auch noch damit auseinander, ob das Gebot, die Beiträge als Werbung zu kennzeichnen, Vreni Frost in ihren Grundrechten beeinträchtigen würde. Allerdings war das Gericht der Ansicht, dass die mit einer Kennzeichnungspflicht verbundene Einschränkung der Meinungsäußerungs- und Medienfreiheit durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt sei.

„Bananas“

Im Gegensatz zu den beiden anderen Posts bejahte das Gericht beim Post „Bananas“ das Vorliegen eines redaktionellen Beitrags. Der Text des Posts befasst sich mit der Reisemüdigkeit von Vreni Frost. Diese Müdigkeit bezeichnet sie mit „totally bananas“ und stellt so einen Bezug zum Sweatshirt mit der Aufschrift „Bananas“ her, das sie auf dem Bild trägt.

Vreni Frost hatte die Tags und Links auf dem Bild damit erklärt, dass sie damit den Besuchern ihres Instagram-Auftritts mitteile, wer Hersteller der gekennzeichneten Produkte sei bzw. wo sie diese gekauft habe. Das Gericht hielt dies in diesem Fall für plausibel. Vreni Frost beantworte durch Angabe von Herstellern und Bezugsquellen – ähnlich wie dies in Modezeitschriften passiere – ein Informationsbedürfnis der Besucher.

Das Kammergericht wies ausdrücklich darauf hin, dass bei Beiträgen wie den beanstandeten die Umstände grundsätzlich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Werbetätigkeit begründen würden. Erwähnt hat das Gericht dabei den geringen journalistischen Gehalt der Beiträge, die anderweitige Werbetätigkeit für Dritte in sozialen Medien gegen Entgelt, die Berichterstattung über die professionelle Bloggertätigkeit sowie die Verlinkung auf kommerzielle Auftritte Dritter.

Vreni Frost ist es jedoch gelungen, die vorliegenden Umstände zu entkräften. Sie hatte nämlich im Verfahren Belege vorgelegt, dass sie die betreffenden Produkte mit eigenen Mitteln gekauft hatte. Zudem hatte sie eidesstattlich versichert, für den Post weder von den bezeichneten Unternehmen noch von Dritten Entgelte erhalten zu haben.

Abschließend setzt sich das Gericht mit der noch vom Landgericht vertretenen Auffassung auseinander, ob nicht deshalb jeder einzelne Post als Werbung gekennzeichnet werden müsse, weil das Instagram-Profil als solches der Eigenwerbung von Vreni Frost diene und weil andere ihrer Posts kommerziellen Zwecken Dritter dienten. Dies verneint das Gericht durch einen Vergleich von Influencern mit (anderen) Medienunternehmen, die ebenfalls grundsätzlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln und dennoch nicht jeden Beitrag kennzeichnen müssen. Zudem weist das Gericht darauf hin, dass die Kennzeichnung jedes einzelnen, auch völlig harmlosen, Beitrags als Werbung dem Verbraucherschutz nicht dienlich sei.

Auswirkungen für die Praxis

Vreni Frost hat das Urteil des Kammergerichts in einem Instagram-Post ausdrücklich begrüßt und als großen Schritt „in Richtung Transparenz und Rechtssicherheit“ bezeichnet. Ob diese Freude tatsächlich berechtigt ist, wird sich allerdings erst noch erweisen müssen.

Zwar hat das Kammergericht der sehr weitgehenden Auffassung des Landgerichts Berlin, jeder Post eines Influencers wie Vreni Frost sei Werbung und daher zu kennzeichnen, eine Absage erteilt. Die Hürden, die ein Influencer auch nach Auffassung des Kammergerichts nehmen muss, damit ein Post ohne Kennzeichnung als Werbung zulässig ist, sind aber nicht gerade gering. Zum einen muss ein redaktioneller Bezug zum getaggten und verlinkten Unternehmen hergestellt werden – dies dürfte in vielen Fällen noch gelingen. Zum anderen wird der Influencer für jeden einzelnen Post und jedes einzelne Produkt, dessen Hersteller verlinkt wird, darlegen und ggf. auch nachweisen müssen, dass er/sie dieses Produkt selbst erworben hat und auch ansonsten keinen Werbevertrag oder ähnliches mit dem Hersteller oder einem Dritten hat, der den Post erfasst. Ob dies in jedem Fall zur Überzeugung des Gerichts gelingt, dürfte angesichts der nach Ansicht des Kammergerichts grundsätzlich für eine Werbeabsicht sprechenden Umstände fraglich sein.

Nicht befassen musste sich das Kammergericht mit der Frage, wie ggf. die Kennzeichnung eines entsprechenden Instagram-Posts erfolgen muss. Dies ist in der Rechtsprechung noch ungeklärt. Kennzeichnungen wie „#ad“ oder „#sponsored“ wurden bislang als nicht ausreichend angesehen. Sicherheitshalber wird meist eine Kennzeichnung durch „Werbung“ oder „Anzeige“ am Anfang des Posts empfohlen.

Zur Orientierung für Influencer und andere Personen haben die Landesmedienanstalten einen „Leitfaden Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten“ herausgegeben. Dieser enthält Hilfestellungen und Regelungen zu den Kennzeichnungspflichten nicht nur auf Instagram, sondern auch auf YouTube und anderen Social-Media-Angeboten. Das Urteil des Kammergerichts ist darin noch nicht berücksichtigt (Stand des Leitfadens: November 2018).

Weitere Klarheit und/oder weitere Facetten für die Frage, wann ein Instagram-Post als Werbung gekennzeichnet werden muss, wird möglicherweise das Verfahren um Posts von Cathy Hummels vor dem Landgericht München I bringen. Dabei scheint das Gericht ebenfalls maßgeblich auf die Frage abzustellen, ob Cathy Hummels für die Nennung von Unternehmen und Artikeln eine Gegenleistung erhalten hat. Eine Entscheidung, die auch zu einer Beweisaufnahme führen kann, wird das Landgericht München I Ende April verkünden.

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