Kennzeichnungspflicht und Influencer Marketing
Zu der Vielzahl an Urteilen zur Kennzeichnungspflicht im Rahmen des Influencer Marketings hat sich eine weitere Entscheidung gesellt. Das Hanseatische Oberlandesgericht (Urteil vom 02.07.2020, Az. 15 U 142/19; noch nicht veröffentlicht) hat ausgeurteilt, dass das unentgeltliche Veröffentlichen eines Posts mit Produkten eines Drittunternehmens unter bestimmten Umständen nicht der Kennzeichnung als Werbung gemäß § 5a Abs. 6 UWG bedarf, wenn der kommerzielle Charakter der Produktdarstellung für den Verbraucher offensichtlich ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Wettbewerbsverband. Die Beklagte ist eine Beauty-Influencerin aus Hamburg, deren Instagram-Account 1,7 Millionen Follower zählt und deren Posts (teilweise) rund 50.000 Likes erhalten. Die Klägerin ging gegen die Beklagte wegen der Veröffentlichung von drei Posts vor, die Produkte und Hinweise auf deren Hersteller enthielten. In die Produkthinweise wurden Links zu den Instagram-Accounts der Hersteller aufgenommen. Eine Bezahlung für diese Posts erhielt die Beklagte nicht. Eine Kennzeichnung als Werbung erfolgte nicht.
Entscheidung
Das Hanseatische Oberlandesgericht verneinte eine Kennzeichnungspflicht nach § 5a Abs. 6 UWG. Der werbliche Charakter der Posts sei derart offenkundig, dass es der Kennzeichnung nicht bedürfe.
Zwar fördere die Influencerin den Absatz der Hersteller als auch des eigenen Unternehmens. Sie errege nämlich auch ohne Gegenleistung die Aufmerksamkeit für die Produkte der Hersteller. Zudem steigere die Influencerin ihren eigenen Bekanntheitsgrad und stelle sich als potenzielle Werbepartnerin dar. Dies sei auch ohne ein Entgelt eine geschäftliche Handlung.
Allerdings ergebe sich der kommerzielle Zweck der Produktdarstellungen bereits unmittelbar aus den Umständen, weshalb es keiner Kennzeichnung bedürfe. Als Umstände nennt das Gericht die Vielzahl an Followern (1,7 Mio.), die Professionalität der Gestaltung der Posts und die etwa 50.000 erzielten Likes. Jedem Verbraucher dränge sich schon aus diesen Gründen der kommerzielle Charakter auf. Hieran ändere der private Anstrich der Posts nichts. Der Verbraucher erkenne gleichwohl den jeweiligen Post als Marketingmaßnahme. Die Einkleidung von Werbung in vorgeblich Privates sei als Mittel der Verkaufsförderung nämlich seit langem bekannt. Weiter bedürfen auch Produktempfehlungen von Redakteuren in Printmedien ohne Gegenleistung nicht der Kennzeichnung. Dies müsse auch hier gelten.
Letztlich wirke sich die Kennzeichnung oder deren Fehlen auch nicht auf das Verhalten des Verbrauchers aus. Dieser weiß um die Werbung auf den Influencer-Accounts und ist nur an den von der Influencerin – ohne Gegenleistung – gezeigten Produkten interessiert. Er wird daher von der Kennzeichnung oder deren Fehlen nicht seine Kaufentscheidung abhängig machen.
Auswirkungen für die Praxis
Die Rechtsprechung zur Kennzeichnungspflicht bei Posts ohne Gegenleistung ist weiterhin uneinheitlich. Es ist daher zu begrüßen, dass das Hanseatische Oberlandesgericht die Revision zum BGH zugelassen hat. Die Kriterien für die Begründung einer Kennzeichnungspflicht werden von den Gerichten unterschiedlich gewichtet. Während einige Gerichte wegen der hohen Anzahl an Followern die Kennzeichnungspflicht bejahen, lehnen andere Gerichte gerade aus diesem Grund diese Pflicht ab. Exemplarisch sei das hier besprochene Urteil genannt, dass gerade auch aus der Vielzahl der Follower die Offensichtlichkeit der Werbung zieht und die Kennzeichnungspflicht verneint. Andere Gerichte ziehen aus einer Vielzahl an Followern nur den Schluss, dass der Influencer unter anderem deswegen geschäftlich handelt. Der kommerzielle Zweck dieser Handlung sei aber wegen des privaten Anstrichs nicht erkennbar und damit die Kennzeichnung als Werbung erforderlich. Rechtssicherheit besteht daher derzeit nicht.
Der BGH wird sich im Ergebnis also damit auseinandersetzen müssen, welche Konsequenzen eine Vielzahl von Followern hat und anhand welcher Kriterien die Kennzeichnungspflicht bei Influencern zu bewerten ist. Es wäre zu begrüßen, wenn der BGH ebenfalls klärt, wann von einer Vielzahl von Followern auszugehen ist.