Kostenerstattung bei Abschlussschreiben
Von einstweiligen Verfügungen wegen Wettbewerbsverstößen, Verletzungen des Urheber- oder Persönlichkeitsrechts etc. hat man in der Presse schon häufiger gelesen. Gerichte sprechen hierüber Verbote aus. Weniger bekannt ist, dass derartige Verfügungen einen Rechtsstreit nicht beenden. Sie regeln ein Verbot zwischen den Streitparteien nur vorläufig. Der das Verbot beantragende Geschädigte möchte aber nicht nur einstweilen geschützt sein, sondern endgültig das rechtswidrige Verhalten verbieten. Eine einstweilige Verfügung hemmt die Verjährung lediglich. Daher droht dem Geschädigten trotz Verbotsverfügung die Verjährung seiner Ansprüche und dem folgend gegebenenfalls die Aufhebung der Verfügung. Er kann eine endgültige Entscheidung durch die Erhebung der Hauptsacheklage erreichen. Zudem kann der Verletzer dem Geschädigten gegenüber im Wege einer Abschlusserklärung erklären, dass er die Verbotsverfügung als endgültige Regelung anerkennt. In diesen beiden Fällen ist der Anspruch des Geschädigten endgültig gesichert.
In der Praxis fordert der Geschädigte den Verletzer nach Zustellung der Verfügung binnen angemessener Wartefrist zumeist durch einen Anwalt zur Abgabe einer derartigen Abschlusserklärung auf. Diese Aufforderung wird Abschlussschreiben oder Anschlussabmahnung genannt. Das OLG München (Urteil vom 13.08.2020, Az. 29 U 1872/20, rechtskräftig) musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob die Anwaltskosten für ein derartiges Abschlussschreiben im konkreten Fall erforderlich und damit vom Verletzer zu erstatten sind.
Sachverhalt
Die Klägerin erwirkte gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung wegen eines Wettbewerbsverstoßes. Nach Zustellung der Verfügung am 15. Juni 2018 teilte die Beklagte mit Schreiben vom 26. Juni 2018 durch ihre Anwälte mit, dass Einsicht in die Gerichtsakte genommen, die Durchführung des Hauptsacheverfahrens geprüft und mitgeteilt werde, ob der Beschluss als endgültige Regelung anerkannt werde. Eines Abschlussschreibens bedürfe es daher nicht. Die Klägerin kündigte daraufhin an, dass sie am 2. Juli 2020 das Abschlussschreiben übermitteln werde. Die Beklagte wiederholte hiernach, dass sie auf die Sache binnen der angemessenen Überlegungsfrist entsprechend § 517 ZPO zurückkommen werde. Am 2. Juli 2020 verschickte die Klägerin das Abschlussschreiben und die Beklagte gab am 13. Juli 2020 die Abschlusserklärung ab. Mit der Klage machte die Klägerin die Kosten für das Abschlussschreiben geltend.
Entscheidung
Das OLG München lehnte sowohl einen Anspruch auf Kostenerstattung nach §§ 677, 683, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) als auch nach § 9 UWG (Schadensersatz) ab.
Der für einen Anspruch nach §§ 677, 683, 670 BGB erforderliche mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn (hier Verletzerin) für das Abschlussschreiben fehle. Wenn die Verletzerin mitteilt, dass es keines Abschlussschreibens bedarf, dann stelle dies eine Willensäußerung dar, die den mutmaßlichen Willen für ein Abschlussschreiben ausschließe. Der Geschäftsherr müsse sich keinen Wilen aufdrängen lassen. Zudem werde die Funktion des Abschlussschreibens nicht erfüllt, da die Verletzerin bereits entsprechend ihrer Mitteilungen wusste, dass sie einen Rechtsstreit durch die Abschlusserklärung beenden könne. Das Abschlussschreiben verschaffe der Verletzerin damit kein neues Wissen. Das Schreiben war damit überflüssig.
Auch an den Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 9 UWG fehle es, da es an einem hierfür erforderlichen Schaden mangele. Erkläre die Verletzerin, dass sie sich hinsichtlich der Anerkennung der Verfügung als endgültige Regelung entsprechend der Frist nach § 517 ZPO melden werde, dann sei kein Schaden entstanden.
Auswirkungen für die Praxis
Ist unklar, ob eine Verbotsverfügung rechtmäßig ergangen ist, dann sollte der Geschädigte zeitnah vor Ablauf der Wartefrist darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass eine Mitteilung über die Anerkennung der Verfügung als endgültige Regelung entsprechend der Frist nach § 517 ZPO erfolgt und es nicht der Übermittlung des Abschlussschreibens bedarf. Sollte der Verletzer dieses Schreiben missverstehen, dann sollte man das vorgenannte Vorhaben klarstellen. Hierdurch kann sich der Verletzer die Kosten für ein Abschlussschreiben ersparen. Selbstverständlich muss der Verletzer dann im Rahmen der Frist entscheiden, ob er eine Abschlusserklärung abgeben möchte und dies gegebenenfalls tun.