Landesmedienanstalten veröffentlichen Listen der Public Value-Angebote

von am 6. Oktober 2022

Vergangene Woche veröffentlichten die Landesmedienanstalten die Listen der Angebote, die in Benutzeroberflächen leicht auffindbar sein müssen (sog. Public Value-Angebote). Der Veröffentlichung war ein Bestimmungsverfahren vor dem zuständigen Organ der Landesmedienanstalten, der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), vorausgegangen. Nach Angabe der Landesmedienanstalten waren im Rahmen des Verfahrens insgesamt 325 Anträge bei der verfahrensfederführenden Landesanstalt für Medien NRW eingegangen.

 

Die Landesmedienanstalten hatten in ihre Prüfung, ob ein Angebot als Public Value-Angebot zu qualifizieren ist, Kriterien einzubeziehen, die ihnen § 84 Abs. 5 Satz 2 MStV vorgibt. Einzubeziehen sind danach unter anderem der zeitliche Anteil an nachrichtlicher Berichterstattung über politisches und zeitgeschichtliches Geschehen, der zeitliche Anteil an regionalen und lokalen Informationen sowie das Verhältnis zwischen eigen- und fremdproduzierten Inhalten. Angebote, die den anerkannten journalistischen Grundsätzen und sonstigen Vorgaben des Medienstaatsvertrags widersprachen, waren per se nicht geeignet, als Public Value-Angebot bestimmt zu werden (§ 8 Nr. 1 Public-Value-Satzung).

 

Nach Abschluss des Bestimmungsverfahrens vor den Landesmedienanstalten leisten rund 300 Fernseh-, Hörfunk- und Telemedienangebote in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet. Sofern Anbieter von Medienplattformen in ihren Katalogen diese Angebote vorhalten, müssen sie dort leicht auffindbar sein.

 

Leichte Auffindbarkeit von Public Value-Angeboten in Benutzeroberflächen

Benutzeroberflächen sind elektronische Angebots- oder Programmübersichten. Sie vermitteln eine textliche, bildliche oder akustische Übersicht über Angebote oder Inhalte einzelner oder mehrerer Medienplattformen, die der Orientierung dienen und unmittelbar die Auswahl von Angeboten, Inhalten oder softwarebasierten Anwendungen ermöglichen (vgl. die Begriffsdefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 15 MStV). In Benutzeroberflächen hat der Rundfunk, gesetzlich vorgeschrieben, in seiner Gesamtheit auf der ersten Auswahlebene unmittelbar erreichbar und leicht auffindbar zu sein (sog. „Basisauffindbarkeit“). Innerhalb des Rundfunks haben unter anderem private Programme leicht auffindbar zu sein, die „in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten“ (§ 84 Abs. 3 Satz 1 und 2 MStV). Eine vergleichbare Vorgabe ergibt sich aus § 84 Abs. 4 MStV für den Bereich der Telemedien.

 

Leicht auffindbar sind Angebote, wenn sie einfach und schnell zu finden sind, da sie beispielsweise vorangestellt oder hervorgehoben präsentiert werden, beispielsweise durch einen eigenen Button (so § 10 Abs. 5 Satz 1 MB-Satzung). Angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Ausgestaltungen, Funktionsweisen und Abbildungen von Benutzeroberflächen ist die weitere Beurteilung der leichten Auffindbarkeit von Angeboten Gegenstand einer Einzelfallbetrachtung.

 

Empfehlungen zur Listung von Public Value-Angeboten

Zeitgleich zu den Listen veröffentlichten die Landesmedienanstalten sog. „Empfehlungen“ zur Reihenfolge-Listung von Public Value-Angeboten, sortiert nach den drei Mediengattungen Bewegtbild, Audio und Telemedien. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, kommt den Empfehlungen faktische Bindungswirkung zu. Denn die Medienanstalten stellen im Papier auch klar, dass sie die in den Empfehlungen abgebildete Reihenfolge als Prüfmaßstab bei der Durchsetzung von Aufsichtsmaßnahmen heranziehen werden.

 

Nach der Empfehlung sind im Bereich der Bewegtbildangebote vorrangig die Vollprogramme ARD und ZDF, gefolgt von RTL, SAT.1, ProSieben und VOX zu listen. Dem sollen das jeweils lokal/regional relevante Dritte Programm der ARD und die bundesweit verbreiteten privaten Public Value-Angebote folgen. Das Schlusslicht bilden lokale und regionale Public Value-Angebote. Die Ausspielung dieser Angebote soll, so die Empfehlung, „geolokalisiert“ und „auf Ebene von Regierungsbezirken oder vergleichbaren regionalen Einheiten erfolgen.“ Fraglich dürfte nicht nur sein, ob eine Ausspielung auf Ebene der Regierungsbezirke technisch überhaupt möglich ist. Unklar ist auch, ob Anbieter von Medienplattformen rechtlich und technisch überhaupt in der Lage sind, den Nutzer zielsicher im zugehörigen Regierungsbezirk zu lokalisieren, um ihm die passenden Public Value-Angebote auszuspielen. Abzuwarten bleibt daher, wie Anbieter von Medienplattformen die neuen Vorgaben umsetzen. Stehen der Umsetzung rechtlich oder technisch unüberwindbare Hindernisse entgegen, wird hierzu mit den Landesmedienanstalten zu sprechen sein.

 

Praxishinweis

Die Veröffentlichung der Public Value-Listen und der Empfehlungen zur Reihenfolge-Listung dürfte von großer Bedeutung für Anbieter von Medienplattformen sein. Sie haben zu prüfen, welche der Angebote, die sie in ihren Katalogen führen, von den Landesmedienanstalten als Public Value-Angebote bestimmt worden sind. Zudem bedarf es einer technischen Implementierung von Public Value-Angeboten in die Benutzeroberfläche, die ihre leichte Auffindbarkeit sicherstellt. Die Vorgaben an die leichte Auffindbarkeit von Public Value-Angeboten und deren Reihenfolge-Listung sind innerhalb von sechs Monaten umzusetzen – eine verhältnismäßig kurze Frist für die Bewältigung organisatorischer und technischer Herausforderungen.

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