Nach Zurückverweisung durch BVerfG: Freispruch eines Journalisten im Hinblick auf § 33 KUG
Mit Urteil vom 19. Dezember 2022 (Az.: 73 Ns-2 Js 1508/14-36/20) sprach das Landgericht Aachen einen Journalisten frei, der erstinstanzlich gemäß § 33 KUG verurteilt worden war. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Fall im Rahmen seines „Verpixelungs-Beschlusses“ (Beschluss vom 23.06.2020 – 1 BvR 1716/17) zurückverwiesen. Trotz des Freispruchs in vorliegendem Fall ist sowohl die relevante Entscheidung des BVerfG als auch der Umgang mit der Strafrechtsvorschrift des § 33 KUG mit Blick auf die Pressefreiheit kritisch zu hinterfragen.
Zum Sachverhalt
Angeklagter war ein Journalist, der einen vermeintlich an Ebola erkrankten Mann gegen dessen Protest fotografiert hatte. Der Journalist hatte an einer Videoreportage über Ebola gearbeitet und hierzu im Universitätsklinikum Aachen recherchiert. Das (unverpixelte) Foto schickte er an die BILD-Zeitung, deren Redaktion das Foto unter dem Titel „Ebola-Verdächtiger wartet 40 Minuten im Klinik-Flur“ veröffentlichte.
Nachdem der Journalist vom AG Aachen wegen Verstoßes gegen § 33 KUG verurteilt worden war und das LG Aachen die Berufung bzw. das OLG Köln die Revision (als unbegründet) verworfen hatte, legte der Journalist erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein.
Zur Entscheidung des BVerfG und dem hieraus resultierenden Freispruch
Laut BVerfG begegne es zwar keinen Bedenken, dass die Gerichte die Weitergabe an die Redaktion zum Zwecke einer späteren Veröffentlichung als „Verbreiten“ im Sinne des § 22 f. KUG gewertet haben. Die angegriffenen Entscheidungen würden jedoch auf einer grundrechtlichen Maßstäben nicht genügenden Abwägung beruhen; die Arbeits- und Verantwortungsstrukturen der Presse und vorangehender Recherchen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Insbesondere die fehlende Verpixelung der Bildaufnahme sei kein Umstand, aus dem sich eine Verletzung von Sorgfaltspflichten im maßgeblichen Zeitpunkt der Weitergabe ergeben könne. Auch, dass der Journalist eine Verpixelung im Rahmen der Weitergabe nicht angesprochen hat, könne beim Zuliefern von Bildmaterial an eine professionelle Presseredaktion nicht als Verstoß gegen journalistische Sorgfaltspflichten gelten. Ein Verschweigen erheblicher Umstände durch den Journalisten gegenüber der BILD-Zeitung habe nicht festgestellt werden können.
Nach der Zurückweisung des BVerfG sprach das LG Aachen den Journalisten nunmehr frei. Die noch erforderlichen Feststellungen, die das Gericht zu treffen hatte, hätten ergeben, dass der angeklagte Journalist bei der Weitergabe der Fotos an die BILD-Redaktion sämtliche Umstände der Entstehung der Bilder – also insbesondere die fehlende Einwilligung des Patienten – mitteilte (und § 23 Abs. 2 KUG damit nicht einschlägig sei).
Problematik und Kritik
Anders als der BGH, der entsprechend für Bildagenturen bereits eine tatbestandsmäßige „Verbreitung“ im Sinne der §§ 22, 23 KUG mit dem Argument der presseinternen Weitergabe verneinte, ist das BVerfG der Ansicht, dass dieses Verbreitungsprivileg im Falle eines freien Fotografen, der „seine Geschichte“ einer Redaktion anbietet, nicht greift.
Diese Auffassung könnte zu einem unzureichenden Schutz für Journalisten führen, die die Risiken einer falschen Abwägung und damit einer Strafbarkeit tragen. Denn eine Besonderheit bei der Strafrechtsnorm des § 33 KUG ist die, dass sie pauschal auf einen Verstoß gegen §§ 22, 23 KUG verweist, ohne zusätzliche (objektive) Tatbestandsmerkmale zu beinhalten und sich demzufolge jeder, der zivilrechtlich gegen §§ 22, 23 KUG verstößt (weil er etwa einen der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe falsch auslegt), sehr schnell auch strafbar macht. Unabhängig von der Ausgestaltung als Antragsdelikt könnte dies insbesondere für Journalisten zu einer Abschreckungswirkung führen, die ihre Arbeit beeinträchtigt.
In der Praxis sollten Journalisten jedenfalls darauf achten, bei der Weitergabe von Bildern an Redaktionen sämtliche relevante Umstände im Hinblick auf die Bildgewinnung mitzuteilen.