TV FFS 2016

Netflix muss in Filmförderung einzahlen

by on 17. Mai 2018

Am 16. Mai 2018 ist ein wichtiges Urteil für die deutsche Filmförderung ergangen. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) wies die Klage von Netflix gegen die Entscheidung der EU-Kommission zur deutschen Filmförderung ab. Damit können künftig auch ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten zur Zahlung der Filmabgabe herangezogen werden.

Hintergrund

Die Filmförderung durch die Filmförderungsanstalt (FFA) ist eine der wichtigsten deutschen Kinoförderungen. Finanziert wird diese durch die sog. Filmabgabe. Die Filmabgabe wird bei Kinos, TV-Sendern, Videoprogrammanbietern und Anbietern von Videoabrufdiensten erhoben. Die größten Videoabrufdienste (wie z. B. Netflix, Apple etc.) sitzen allerdings im Ausland. Daher war bereits im Jahr 2014 im Filmförderungsgesetz (FFG) die Pflicht zur Zahlung der Filmabgabe auch auf ausländische Videoabrufdienste erstreckt worden, soweit diese Umsätze in Deutschland erzielen. Eine entsprechende Abgabenregelung ist auch im novellierten Filmförderungsgesetz enthalten, § 153 FFG.

Da die EU-Kommission wegen des Beihilfecharakters der Regelung zunächst die Vereinbarkeit mit Europarecht zu prüfen hatte, war diese Zahlungsverpflichtung allerdings bislang nicht zur Anwendung gekommen. Am 1. September 2016 gab die EU-Kommission schließlich grünes Licht zur Heranziehung ausländischer Anbieter zur Filmabgabe.

Netflix sieht in der deutschen Filmabgabe einen Verstoß gegen den freien Dienstleistungsverkehr, die Niederlassungsfreiheit sowie Beihilfe- und Steuerbestimmungen der EU und klagte gegen die Entscheidung der EU-Kommission vor dem EuG.

Entscheidung des EuG

Das EuG wies die Klage bereits als unzulässig ab.

Das EuG begründete dies damit, dass die Entscheidung der EU-Kommission keine Handlung sei, die Netflix unmittelbar und individuell betreffe. Ebenso wenig sei die Entscheidung ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der Netflix unmittelbar betreffe (vgl. Art. 263 AEUV).

Ob die Klage von Netflix in der Sache begründet ist, musste das EuG damit nicht prüfen.

Was bedeutet das für die Filmförderung?

Die Entscheidung kann weitreichende Bedeutung haben. Die FFA hatte ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten bislang von der Zahlung der Filmabgabe verschont. Zunächst wollte man die Entscheidung des EuG abwarten. Diese ist nun gefallen. Damit scheint der Weg frei zur Heranziehung der ausländischen Anbieter. Es ist zu erwarten, dass die FFA Abgabenbescheide gegen Netflix & Co. in nicht zu ferner Zukunft erlassen wird.

Dabei geht es um viel Geld. Netflix und andere ausländische Anbieter von Videoabrufdiensten müssen nun bis zu 2,5 Prozent von ihren in Deutschland erzielten Nettoumsätzen aus der Verwertung von Kinofilmen zahlen – und dies rückwirkend ab 2014.

Und noch etwas anderes dürfte den notorisch auf Geheimhaltung bedachten Unternehmen wie Netflix ein Dorn im Auge sein: Um die Höhe der Filmabgabe zu berechnen, müssen die Unternehmen gegenüber der FFA zunächst einmal Angaben zu ihren entsprechenden Umsätzen in Deutschland machen. Die FFA hat bei Netflix bereits die entsprechenden Auskünfte angefordert. Werden diese nicht geleistet, kann die FFA die für die Festsetzung der Filmabgabe erforderlichen Feststellungen auch im Wege der Schätzung treffen, § 167 FFG.

Gegen einen Abgabenbescheid der FFA kann Netflix Klage vor einem deutschen Gericht einreichen. Es wäre überraschend, wenn dies nicht geschehen würde. Das letzte Wort ist somit noch nicht gesprochen. Bis Geld von Netflix in die Filmförderung fließt – und dann zur Förderung weiterer Kinoprojekte zur Verfügung steht – kann somit noch etwas Zeit vergehen.

Bemerkenswert an alledem ist: Netflix selbst profitiert bereits jetzt in erheblichem Maße von der deutschen Filmförderung. Einige der auf Netflix gezeigten Produktionen wurden mit Millionenbeträgen aus der deutschen Filmförderung bezuschusst.

Die Entscheidung des EuG kann hier abgerufen werden.

Hinweis in eigener Sache:

Am 8. November 2018 findet unser Seminar „Filmförderung in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ in München statt. Nähere Infos dazu finden Sie hier.

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