Kein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen!
In einem Unternehmen hat es sich seit vielen Jahren eingebürgert, dass die Mitarbeiter jederzeit ihren Arbeitsplatz zum Rauchen verlassen dürfen, ohne sich am Zeiterfassungsgerät ausstempeln zu müssen. Der Arbeitgeber hat die Raucherpausen wie normale Arbeitszeit bezahlt. Diese Praxis möchte er nun ändern und erlässt eine Betriebsanweisung, wonach die Mitarbeiter künftig während der Raucherpausen ausstempeln müssen. Ein Lagerarbeiter ist starker Raucher und behauptet, er habe einen Anspruch auf bezahlte Raucherpausen. Den Lohnabzug nimmt er nicht hin und macht die „Fehlbeträge“ für die Pausenzeiten vor dem Arbeitsgericht geltend. Zu Recht?
Gemäß § 5 der Arbeitsstättenverordnung ist der Arbeitgeber zum Schutz von Nichtrauchern verpflichtet. Deshalb gilt mittlerweile in vielen Unternehmen ein generelles Rauchverbot. Raucher dürfen meist nur noch während der offiziellen Pausen außerhalb des Betriebsgeländes oder in speziellen Raucherzonen ihrer Leidenschaft frönen. Inoffizielle „Raucherpausen“, die der Arbeitnehmer mehrmals täglich je nach Bedarf in Anspruch nimmt und der Arbeitgeber selbstverständlich als normale Arbeitszeit vergütet, werden zunehmend abgeschafft. Was aber, wenn dies jahre- oder gar jahrzehntelang anders gehandhabt wurde? Ist eine Abschaffung bezahlter Raucherpausen dann überhaupt ohne Weiteres möglich?
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschied mit Urteil vom 5. August 2015 im oben geschilderten Fall, dass der Mitarbeiter keinen Anspruch auf bezahlte Raucherpausen hat. Dass der Arbeitgeber jahrelang keinen Lohnabzug für die Raucherpausen vorgenommen hat, führt nicht zu einer sogenannten „betrieblichen Übung“. Die Mitarbeiter dürfen nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber die bisherige Handhabung beibehält.
Eine betriebliche Übung konnte laut LAG Nürnberg schon deshalb nicht entstehen, weil für den Arbeitgeber gar nicht überschaubar war, in welchem Umfang Raucherpausen genommen werden. Jeder Mitarbeiter hat jeden Tag unterschiedlich von der Fortzahlung des Entgelts für Raucherpausen profitiert. Damit fehlt es schon an der regelmäßigen Wiederholung einer gleichförmigen Verhaltensweise, die Voraussetzung für eine betriebliche Übung ist.
Gegen das Vorliegen einer betrieblichen Übung spricht auch, dass bezahlte Raucherpausen zu einer Ungleichbehandlung von Nichtrauchern führen würden. Denn diese müssten ansonsten für das gleiche Geld mehr arbeiten, als ihre rauchenden Kollegen.
Schließlich würde eine Beibehaltung bezahlter Raucherpausen auch dem gesetzlich vorgeschriebenen Nichtraucherschutz zuwiderlaufen. Der Arbeitgeber würde Anreize für die Mitarbeiter setzen, ihre Gesundheit zu gefährden.
Fazit:
Auch wenn der Arbeitgeber bislang Raucherpausen während der Arbeitszeit geduldet und das Arbeitsentgelt für die Pausenzeiten weiterbezahlt hat, können die Mitarbeiter nicht darauf vertrauen, dass er diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht.
Das vollständige Urteil des LAG Nürnberg vom 5. August 2015 findet sich hier.