Ja ist denn heut‘ schon Weihnachten?

von am 24. September 2015

Eine Servicekraft in einem Restaurant erhält von ihrem Arbeitgeber ein Urlaubs- und ein Weihnachtsgeld, das monatlich mit dem normalen Grundlohn anteilig zu 1/12 ausgezahlt wird. Im Januar und Februar 2015 rechnet die Mitarbeiterin aus, dass ihr Monatslohn umgerechnet auf die Stunde genau 8,50 Euro brutto ausmacht, wenn man das anteilige Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit berücksichtigt. Sie macht geltend, dass diese Sonderzahlungen nicht auf den Mindestlohn anrechenbar sind und ihr deshalb ein Anspruch auf Zahlung der Differenz zum Mindestlohn zusteht. Zu Recht? 

Das erste Jahr des gesetzlichen Mindestlohns neigt sich dem Ende entgegen und inzwischen sind erste Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu dem Thema ergangen. So hat zum Beispiel das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 17. April 2015 (Az. 28 Ca 2405/15) festgestellt, dass es unzulässig ist, wenn der Arbeitgeber kündigt, nur weil der Arbeitnehmer den Mindestlohn geltend macht. Wer hätte das gedacht?

Die meisten Urteile drehen sich um die Frage, welche Leistungen auf den Mindestlohn anrechenbar sind. Unter anderem beschäftigt es die Gerichte, ob und unter welchen Voraussetzungen Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zum Mindestlohn zählen. Mit Urteil vom 4. März 2015 (Az. 54 Ca 14420/14) hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass jährliche Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht auf den Mindestlohn anrechnet werden können.

Das Arbeitsgericht Herne hat nun mit Urteil vom 7. Juli 2015 (Az. 3 Ca 684/15) im oben geschilderten Fall auf den ersten Blick das genaue Gegenteil entschieden: Hier sollen die monatlichen anteiligen Zahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld voll auf den Mindestlohn anrechenbar sein.

Dennoch sind beide Entscheidungen richtig. Der Teufel steckt wie so häufig im Detail. Nach der Gesetzesbegründung zum Mindestlohngesetz sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld dann auf den Mindestlohn anrechenbar, wenn sie – wie hier – monatlich anteilig und unwiderruflich gezahlt werden. Werden die Sonderzahlungen dagegen – wie im Regelfall – als Einmalzahlung geleistet, zählen sie nicht zum Mindestlohn.

Ebenfalls nicht mindestlohnwirksam sind Sonderzahlungen, die unter Vorbehalt stehen. Enthält der Arbeitsvertrag beispielsweise die typische Klausel, dass ein Weihnachtsgeld zurückzuzahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31.3. des Folgejahres endet, kann die Sonderzahlung unabhängig von der Zahlungsweise nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.

Fazit:
Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld können nur dann auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn sie unwiderruflich und monatlich anteilig gezahlt werden. Jährliche Einmalzahlungen von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld sind dagegen nicht mindestlohnwirksam.   

 

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