Nach der DSGVO unzulässige Veröffentlichung eines Fotos bei Facebook

von am 11. März 2021

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in einem sehr ausführlich begründeten Beschluss vom 19. Januar 2021 ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover bestätigt. Damit war der Kläger endgültig erfolglos gegen eine Verwarnung der Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) wegen der Veröffentlichung eines Fotos bei Facebook.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Ortsverein einer Partei, führte im Jahr 2014 einen Ortstermin durch, bei dem es um die Errichtung einer Ampelanlage an einer Straßenkreuzung ging. Bei der Veranstaltung nahmen 30 bis 40 Personen teil. Auf einem von einem Unbekannten aufgenommenen und im Internet veröffentlichten Foto waren auch Herr und Frau F. erkennbar. Gut vier Jahre später postete der Ortsverein dieses Foto zusammen mit einem Foto der Baustelle auf seiner Facebook-Fanpage.

Herr F., den ein Arbeitskollege auf dem Foto erkannt und darauf angesprochen hatte, forderte den Ortsverein zur Löschung auf. Dem kam der Ortsverein auch nach, sein Vorsitzender berief sich aber in seiner Antwort an Herrn F. darauf, dass die Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei: Es habe sich um eine öffentliche Veranstaltung gehandelt. Das Foto sei schon damals veröffentlicht worden. Herr F. sei darin auch weder besonders hervorgehoben noch abträglich dargestellt. Herr F. beschwerte sich hierüber bei der Landesdatenschutzbeauftragten, die gegenüber dem Ortsverein eine Verwarnung aussprach.

Entscheidung

Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht bestätigten die Verwarnung. Es liege tatsächlich eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten vor.

Digitale Foto- oder Filmaufnahmen, auf denen eine Person erkennbar ist, enthalten personenbezogene Daten. Die Veröffentlichung eines Fotos bei Facebook ist eine Verarbeitung (hier: die Offenlegung von Daten) und fällt somit in den Anwendungsbereich der DSGVO. Es bedarf also einer Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO.

Eine Privilegierung nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO, die der Ortsverein für sich geltend machte, lehnt das Gericht ab: Privilegiert sei gemäß Erwägungsgrund 153 nur eine Verarbeitung zu ausschließlich journalistischen Zwecken. Gemeint sei damit die journalistisch-redaktionelle Tätigkeit eines Medienakteurs. Aufmerksamkeit für die Aktivitäten des Ortsvereins zu wecken falle nicht darunter: Nicht jeder Beitrag zur Meinungsbildung oder mit Informationswert für die Öffentlichkeit sei privilegiert.

Letztlich lässt das Gericht aber offen, ob die Rechtmäßigkeit nach §§ 22, 23 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) oder Art. 6 DSGVO zu beurteilen sei.

Zwar sei Herr F. als Teilnehmer einer Versammlung abgebildet worden, § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG. Jedoch überwögen im Rahmen der nach § 23 KUG erforderlichen Interessenabwägung die Interessen von Herrn F. Das Gericht betont die „unkalkulierbaren Risiken“ einer Veröffentlichung im Internet, nämlich die unbegrenzte Weiterverbreitung und die Möglichkeit von Manipulationen. Auch gölten in den USA, wo Facebook seinen Sitz habe, geringere Datenschutzstandards.

Auch bei der Prüfung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO kommt das Gericht zu keinem anderen Ergebnis. Danach ist eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie

„zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich [ist], sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.“

Ein berechtigtes Interesse sieht das Gericht in der Information der Öffentlichkeit über die Aktivitäten des Ortsvereins. Gleichsam als Ausgleich für die sehr großzügige Auslegung des berechtigten Interesses ist die Erforderlichkeit eng auszulegen. Für die enge Auslegung beruft sich das Gericht auf Erwägungsgrund 39 Satz 9 der DSGVO. Danach ist eine Verarbeitung erforderlich,

„wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann“.

Als Alternative ist dabei vor allem die Verarbeitung der Daten in anonymisierter Form zu erwägen, bei einem Foto also die Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen. Den legitimen Zweck hätte der Ortsverein auch erreichen können, wenn er die Gesichter der abgebildeten Personen verpixelt hätte (und zwar nicht notwendig aller Personen ‒ bei dem auf dem Foto im Zentrum stehenden Vorsitzenden nimmt das Gericht eine konkludente Einwilligung an). Das sei weit verbreitet, technisch leicht möglich und mache das Foto auch nicht unglaubwürdig. Damit scheitert die Rechtmäßigkeit nach Auffassung des Gerichts schon an der Erforderlichkeit.

Zudem ergebe sich ein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen von Herrn F. Für die Interessenabwägung gelte gemäß Erwägungsgrund 147 Satz 1 der DSGVO:

„dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen“

Herr F. habe als Teilnehmer der Versammlung zwar erwarten müssen, dass unmittelbar nach der Veranstaltung, auf der erkennbar fotografiert wird, in örtlichen Tageszeitungen berichtet wird. Wegen der bereits angeführten besonderen Risiken sei eine Veröffentlichung auf einer Fanpage damit nicht zu vergleichen, vor allem habe Herr F. nach vier Jahren nicht mit der Veröffentlichung rechnen müssen.

Abschließend prüft das Gericht noch Art. 6 Abs. 1 Buchst. e DSGVO, die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse. Parteien seien aber nicht Teil des Staates. Zudem bedürfte es dann noch einer spezifischen Vorschrift, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regelt. Parteien könnten sich daher nicht auf die für öffentliche Stellen geltenden Rechtsgrundlagen berufen.

Hinweise für die Praxis

Dort wo Medienprivilegien die DSGVO (insbesondere die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung) für unanwendbar erklären, ist das KUG weiterhin anwendbar. Das hat inzwischen auch der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen vom 7. Juli 2020 bestätigt (wenngleich mit angesichts des Meinungsstreits dazu äußerst knappen Worten): Az. VI ZR 246/19 und Az. VI ZR 250/19.

Ob abgesehen von journalistischen Zwecken auch literarische und künstlerische oder wissenschaftliche Zwecke privilegiert werden, ist in jedem Bundesland anders geregelt. Darüber hinaus ist immer noch ungeklärt, ob sich eine Privilegierung direkt aus der Öffnungsklausel Art. 85 Abs. 1 DSGVO herleiten lässt und das KUG sich als eine nationale Regelung verstehen lässt, die damit anstelle der DSGVO weitergilt. Sollten weitere Gerichte der strengen Linie des Oberwaltungsgerichts Lüneburg bei der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO folgen, lässt sich die Veröffentlichen von Personenfotos im Internet kaum noch rechtfertigen ‒ möglich ist eine Verpixelung ja immer.

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