Urheberrecht im Bauplanungsrecht

von am 19. Mai 2021

Städte, Gemeinden und weitere Behörden sind nicht selten gesetzlich dazu gezwungen, bestimmte Informationen auf ihren Internetseiten einzustellen. Aber was gilt eigentlich, wenn die verbreiteten Informationen die Urheberrechte Dritter verletzen? Der BGH hatte sich jetzt mit der Frage zu befassen, wie sich das Urheberrecht im Bauplanungsrecht auswirkt und ob eine Gemeinde haftet, wenn sie im bauplanungsrechtlichen Verfahren ein Exposé eines Bauherren veröffentlicht, das widerrechtlich Kartenmaterial von Dritten verwendet.

Sachverhalt

Die Klägerin bietet die Nutzung von Ausschnitten aus Landkarten und Stadtplänen im Internet zur Lizenzierung an. Die Beklagte ist die Verbandsgemeinde Kastellaun. Sie stellte auf ihrer Internetseite eine Karte, an der die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte hatte, ohne Lizenz der Klägerin ein. Die Verbandsgemeinde Kastellaun erhielt den auf ihrer Internetseite eingestellten Kartenausschnitt im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens als Bestandteil des vom Bauwilligen beauftragten Exposés. Mit dem Einstellen auf ihrer Internetseite wollte die Verbandsgemeinde Kastellaun ihrer Pflicht aus § 4a Abs. 4 BauGB genügen, Bauplanungsunterlagen in das Internet einzustellen.

Die Klägerin begehrt Unterlassen.

Entscheidung

Der BGH verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück an das Oberlandesgericht Zweibrücken. Mit der Begründung des OLG Zweibrücken könne ein Anspruch auf Unterlassen nicht bejaht werden.

Der betroffene Kartenausschnitt sei zwar nach § 2 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberrechtlich geschützt. Der Urheberrechtsschutz entfalle auch nicht nach § 5 UrhG, da es sich bei dem Kartenausschnitt und bei dem Exposé nicht um ein amtliches Werk handle.

In Betracht komme aber ein Eingreifen der Schrankenregelung des § 45 Abs. 1, 3 UrhG: Danach ist die Herstellung und die öffentliche Wiedergabe von einzelnen Vervielfältigungsstücken von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einer Behörde zulässig. Vorliegend könnte die Verbandsgemeinde Kastellaun eine Veröffentlichungspflicht nach § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB in Verbindung mit § 3 Abs. 2 BauGB treffen. Da hierzu Feststellungen im Berufungsurteil fehlten, sah sich der BHG an einer Entscheidung gehindert und verwies die Sache an das OLG Zweibrücken zurück.

Der BGH betonte in der Folge, dass – auch wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1, 3 UrhG vorliegen würden – die Privilegierung zusätzlich dem „3-Stufen-Test“ des Art. 5 Abs. 5 RL 2001/29/EG zu unterziehen sei. Der 3-Stufen-Test verlange, dass Schrankenregelungen

1. nur in bestimmten Sonderfällen angewendet werden,
2. die normale Verwertung des Werks / Schutzgegenstands nicht beeinträchtigen, und
3. die berechtigten Interessen des Rechteinhabers nicht ungebührlich verletzen.

Für das vorliegende Verfahren geht der BGH davon aus, dass die Erfordernisse des 3-Stufen-Tests im Falle der öffentlichen Wiedergabe eines Werks, die eine Behörde im bauplanungsrechtlichen Verfahren vornimmt und hinsichtlich derer die Voraussetzungen der nach §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB bestehenden Veröffentlichungspflicht vorliegen, regelmäßig gewahrt sein wird.

Praxishinweis

Die Konstellation des Auftretens von „Urheberrecht im Bauplanungsrecht“ mag auf den ersten Blick exotisch erscheinen. Für den Rechtsanwender lassen sich aber zwei wesentliche Grundgedanken aus dieser Entscheidung mitnehmen:

1. Nutzen Gemeinden, Landratsämter oder sonstige Behörden urheberrechtlich geschützte Werke, ist – neben der Regelung des § 5 UrhG – die Schranke des § 45 Abs. 1, 3 UrhG zu beachten.

2. Liegen die Voraussetzungen einer Schranke des UrhG vor, sind in einem gesonderten Prüfungsschritt die weiteren Voraussetzungen des sog. 3-Stufen-Tests zu prüfen.

 

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