Urheberrechtlicher Schutz von Modeerzeugnissen
Das Landgericht Düsseldorf hat einem Sommerkleid urheberrechtlichen Schutz zuerkannt. Die Entscheidung ist deshalb von Bedeutung, weil sie sich als eine der ersten mit dem Urteil des EuGH in Sachen „Cofemel ./. G-Star Raw CV“ vom 12. September 2019 auseinandersetzt (wir berichteten).
Der Sachverhalt
Neben vielen anderen Aspekten ging es in dem einstweiligen Verfügungsverfahren inzident darum zu klären, ob ein Konfektionskleid, im konkreten Fall ein Sommerkleid, urheberrechtlichen Schutz genießt. Es handelte sich um ein ärmelloses Kleid aus leichtem Stoff mit Unterkleid, welches mit Tier- und Pflanzenprints bedruckt war, unter anderem einem Leopardenprint sowie Blüten und blätterähnlichen Ornamenten.
Die Entscheidung
Das LG Düsseldorf hat urheberrechtlichen Schutz im Ergebnis bejaht (Urteil vom 17. Oktober 2019, Az.: 14c O 68/19).
Es hat dabei zunächst auf die Geburtstagszug-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2013 abgestellt. Eine ästhetische Wirkung sei schutzbegründend, wenn sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet sei, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruhe. Urheberrechtlicher Schutz scheide indes aus bei rein handwerksmäßigen Erzeugnissen, bei denen mangels Individualität und Eigenartigkeit keine persönliche geistige Schöpfung vorliege. Gleiches gelte, wenn vorhandene Ausdrucksformen wiederholt würden, es sei denn, dass gerade die auf bekannte Vorbilder zurückgehende Kombination von Formelementen eine für einen Kunstschutz ausreichende Leistung darstelle.
Neben eigenschöpferischen Zügen des Werkes sei ein hinreichender Grad an Gestaltungshöhe notwendig. Der BGH habe in seiner Geburtstagszug-Entscheidung das Erfordernis der Gestaltungshöhe nicht aufgegeben, sondern nur festgestellt, dass insofern keine höheren Anforderungen zu stellen seien als bei anderen Werkarten. Maßgebend sei bei Werken der angewandten Kunst demnach auch weiterhin, ob der ästhetische Gehalt ausreicht, um nicht nur von einer geschmacklichen, sondern von einer künstlerischen Leistung zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund sieht das LG Düsseldorf die Rechtsprechung des BGH auch im Einklang mit der oben genannten Entscheidung des EuGH in Sachen „Cofemel ./. G-Star Raw CV“ vom 12. September 2019. Nach dem EuGH reicht allein der Umstand, dass Bekleidungsmodelle über ihren Gebrauchszweck hinaus einen eigenen, ästhetisch markanten visuellen Effekt hervorrufen, zur Begründung des urheberrechtliches Schutzes nicht aus. Denn auf subjektive Empfindungen der Person, die den fraglichen Gegenstand wahrnimmt, kommt es nach dem EuGH nicht an.
Auswirkungen auf die Praxis
Folgt man der Auffassung des LG Düsseldorf, so hat das Urteil des EuGH vom Herbst 2019 keinen Einfluss auf die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Modeerzeugnissen. Die durch das EuGH-Urteil aufgeworfene Frage, ob nun doch wieder strengere Maßstäbe an den Urheberrechtsschutz bei Werken angewandter Kunst im Allgemeinen oder bei Mode im Speziellen anzulegen seien, beantwortet das LG Düsseldorf im Ergebnis mit einem „Nein“. Ob andere Gerichte der Auffassung des LG Düsseldorf folgen, bleibt abzuwarten. Etwaige urheberrechtliche Ansprüche sollten jedenfalls trotz der EuGH-Rechtsprechung nicht aus dem Fokus geraten.