Wann ist eine Vertragsstrafen-Klausel wirksam?

von am 5. Januar 2021

Werden Verletzungen des Marken- oder Urheberrechts verfolgt, geschieht dies regelmäßig durch die (meist anwaltliche) Abmahnung des Rechtsverletzers verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung enthält zumeist eine Klausel, nach der sich der Rechtsverletzer zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, wenn er gegen die Verpflichtung zur Unterlassung weiterer Rechtsverletzungen verstößt. Ob die vereinbarte Vertragsstrafen-Klausel auch wirksam ist, zeigt sich erst im Fall der erneuten Rechtsverletzung. Zu den Anforderungen an eine wirksame Vertragsstrafen-Klausel in einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung hat sich jüngst das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.7.2020, Az. 6 U 91/19) geäußert.

Sachverhalt

Im Jahr 2017 mahnte der Kläger den Beklagten wegen Verletzung der Marke „VENOM“ ab. Der Beklagte gab eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, die der Abmahnung beigefügt war. Der Kläger hatte die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vorformuliert und bereits in mehreren Fällen verwendet. Danach verpflichtete sich der Beklagte, es bei Meidung einer unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung sofort fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5500 Euro zu unterlassen, die Zeichenfolge VENOM für Angelsportartikel bzw. Angelköderfuttermittel oder Lockstoffe gewerblich zu benutzen.

In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt forderte der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von drei Vertragsstrafen. Der Beklagte habe in drei Fällen gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt entschied, dass der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe hat. Die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beinhalte keine wirksame Vertragsstrafen-Klausel.

Bei der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung handle es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen des Klägers, § 305 Abs. 1 Satz BGB: Der Kläger habe diese für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert. Der Kläger habe sie auch gestellt, da er in der Abmahnung die Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verlangt habe und dem Beklagten keinen Freiraum bei der Auswahl des Vertragstexts gelassen habe.

Die im vorliegenden Fall geschlossene Vertragsstrafen-Vereinbarung benachteilige den Beklagten unangemessen und sei nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam: Denn der Schuldner verzichte darin auf den sog. „Fortsetzungszusammenhang“, was mit den wesentlichen Grundgedanken des Rechte der Vertragsstrafe unvereinbar sei. Das OLG Frankfurt definiert den „Fortsetzungszusammenhang“ als „die Zusammenfassung hierfür geeigneter Einzelhandlungen ohne Rücksicht auf einen verbindenden Gesamtvorsatz auch bei nur fahrlässiger Begehung“. Letztlich geht es bei dem Fortsetzungszusammenhang um die Möglichkeit der Zusammenfassung einzelner Rechtsverletzungen, die Teil eines Gesamtverhaltens sind, zu einer Gesamthandlung (und damit zu einer Gesamtvertragsstrafe). Diese Möglichkeit würde dem Beklagten durch die vorliegende Klausel verwehrt, was eine unangemessene Benachteiligung darstelle.

Hinweis für die Praxis

Obwohl der Beklagte die Markenrechte des Klägers erneut verletzt hat, geht der Kläger nun „leer“ aus. Der einzige Grund: eine unwirksame Vertragsstrafen-Klausel in der vom Kläger erstellten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Dies ist aus Sicht des Klägers äußerst ärgerlich. Es sollte aber auch allen anderen Rechteinhabern in das Bewusstsein rufen: Die Erstellung einer wirksamen Vertragsstrafen-Klausel in einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist äußerst komplex. Gleichzeitig fällt die mögliche Unwirksamkeit der Klausel erst viel später in einem Folgerechtsstreit auf.

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