Was ist (urheberrechtlich) geschützte Kunst?

von am 12. Oktober 2023

Je vielfältiger KI-Tools, vor allem im Bereich der Bildgeneration, für die Erstellung von Inhalten eingesetzt werden, umso vielschichtiger wird die Diskussion um den (urheberrechtlichen) Schutz des mittels KI erlangten Outputs.

Grund genug, sich mit den bislang von den Behörden bzw. Gerichten hervor gebrachten Argumenten rund um diesen Schutz näher zu befassen. Die nachfolgende Betrachtung erfolgt im Kontext des US-Rechts und der Rechtsordnungen der Europäischen Union, welche den besonderen Fall des computer-generierten geschützten Werkes nicht vorsehen (anders etwa die Regelung in UK in Section 9(3) des Copyright, Designs, and Patents Act 1988).

Ausgangspunkt ist daher, dass als „Werk“ nur das Ergebnis einer persönlichen, d.h. menschlichen, geistigen Schöpfung urheberrechtlichen Schutz genießen kann – so etwa § 2 Absatz 2 des deutschen Urheberrechtsgesetzes und das US-Pendant 17 U.S.C. § 102(a) in Verbindung mit der gängigen Auslegung der Gerichte, die „Works of Authorship“ bis dato einhellig auf die Schaffung durch menschliche Urheber beschränkt haben.

Insbesondere das Copyright Office in den USA hat sich in den vergangenen Monaten mit der Schutzfähigkeit diverser, unter Einsatz von KI erstellter Inhalte befasst:

1. „Zarya of the Dawn“ von Kristina Kashtanova
So etwa mit dem Graphic Novel „Zarya of the Dawn“ von Kristina Kashtanova. KI wurde dabei in Form von Midjourney zur Erstellung der Bilder eingesetzt. Die Autorin erstellte Text Prompts als „zentralen kreativen Input“, wählte eines oder mehrere Bilder für die Weiterverwendung aus und optimierte/änderte die Prompts sodann, um das weitere Bild zu erzeugen. Die Texte des Buches wurden hingegen ganz ohne Hilfe eines generativen KI-Programms geschaffen.

In seiner Entscheidung vom 21. Februar 2023 erklärte das US Copyright Office: „Ms. Kashtanova ist die Autorin des Textes des Werkes sowie der Auswahl, Koordination und Anordnung der schriftlichen und visuellen Elemente des Werkes. Diese Urheberschaft ist durch das Urheberrecht geschützt. […] die Bilder in dem Werk, die durch die Midjourney-Technologie erzeugt wurden, sind nicht das Produkt menschlicher Urheberschaft.

Im Einzelnen lehnte die Behörde den urheberrechtlichen Schutz mit folgenden Argumenten ab:

  • Anders als ein Werkzeug, das Ms. Kashtanova hätte kontrollieren und lenken können, um ihr gewünschtes Bild zu erreichen, erzeugte Midjourney die Bilder auf unvorhersehbare Weise.
  • Die Informationen im Prompt können das generierte Bild beeinflussen, aber der Prompt-Text diktiert kein bestimmtes Ergebnis.
  • Die Tatsache, dass Midjourney’s spezifischer Output von den Nutzern nicht vorhergesagt werden kann, unterscheidet Midjourney aus urheberrechtlicher Sicht von anderen Werkzeugen, die Künstler verwenden.
  • Prompts haben eher den Charakter von Vorschlägen als von Anweisungen, dies ist vergleichbar mit der Situation eines Kunden, der einen Künstler beauftragt, ein Bild mit allgemeinen inhaltlichen Vorgaben zu erstellen, auch hier würde der Kunde nicht der Urheber des Bildes.

Fazit: Relevant für den urheberrechtlichen Schutz ist danach insbesondere das Kriterium der Vorhersehbarkeit des Ergebnisses beim Einsatz eines KI-Tools.

2. „Théâtre D’Opéra Spatial“ von Jason M. Allen
Die Entscheidung des Copyright Office vom 5. September 2023 hat einen deutlich stärker menschlich kontrollierten Einsatz von generativer KI zum Gegenstand: Jason M. Allen erstellte das Bild mit Hilfe von Midjourney, nahm sodann aber mindestens 624 Überarbeitungen und Optimierungen der Text Prompts (Einstellung der Szenerie, Auswahl von Ausschnitten und Festlegung des Farbtons) bis zur Finalisierung des Bildes vor.

Trotz dieser umfassenden Nachbearbeitungen kommt das Copyright Office „…zu dem Schluss, dass das Werk eine mehr als geringfügige Menge an KI-generiertem Material enthält und daher abgelehnt werden muss. […] das Midjourney-Bild, das in wesentlicher Form in dem endgültigen Werk enthalten ist, ist nicht das Produkt menschlicher Urheberschaft.

Dies wurde auf folgende Überlegungen gestützt:

  • Mr. Allens einziger Beitrag zu dem Midjourdney-Bild bestand in der Eingabe des Text Prompts, der das (finale) Bild erzeugte.
  • Obwohl er mind. 624 Überarbeitungen und Text Prompts eingegeben hat, waren die einzelnen Schritte des Prozesses letztlich davon abhängig, wie das Midjourney-System seine Aufforderungen verarbeitet hat.
  • Der Prozess des Promptens kann Kreativität beinhalten, einige Prompts können ausreichend kreativ sein, um durch das Urheberrecht geschützt zu werden, aber das bedeutet nicht, dass die Bereitstellung von Prompts an Midjourney die erzeugten Bilder tatsächlich formt; Mr. Allens Handlungen liefen nicht auf eine kreative Kontrolle der Elemente hinaus, für die er Urheberrechtsschutz beanspruchte.

Fazit: Der menschliche Urheber muss die kreative Kontrolle über den Schaffensprozess behalten, damit das Ergebnis urheberrechtlichen Schutz genießen kann.

3. ”A Recent Entrance to Paradise” von Steven Thaler
Etwas älteren Datums ist das Werk “A Recent Entrance to Paradise“ von Steven Thaler, welches am 18. August 2023 Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung des District Court of Colombia  war. Thaler hatte das Bild mit seinem eigenen KI-Algorithmus „Creativity Machine“ erstellt und das US Copyright Office eine Registrierung bereits am 14. Februar 2022 mit folgenden Argumenten abgelehnt: „Da das Urheberrecht, wie es im US Copyright Act von 1976 kodifiziert ist, menschliche Urheberschaft voraussetzt, kann das Werk nicht registriert werden“.

Das Gericht bestätigt diese Einordnung und erklärt: „Das Copyright Office hat richtig gehandelt, als es die Registrierung des Urheberrechts für ein Werk verweigerte, das ohne jegliche menschliche Beteiligung geschaffen wurde“.

Dies gestützt auf folgende Kriterien:

  • Das Urheberrecht hat sich nie so weit ausgedehnt, dass es auch Werke schützt, die durch neue Formen der Technologie entstanden sind, die ohne die lenkende Hand eines Menschen funktionieren.
  • Menschliche Urheberschaft ist eine Grundvoraussetzung des Urheberrechts.
  • Aber in diesem Fall geht es nur um die Frage, ob ein von einem Computersystem autonom geschaffenes Werk urheberrechtsfähig ist, und da kein Mensch an der Schaffung des Werkes beteiligt war, lautet die klare und eindeutige Antwort: Nein.

Zugleich äußerte das Gericht Folgendes: „Zweifellos nähern wir uns neuen Grenzen im Urheberrecht, da Künstler KI in ihren Werkzeugkasten aufnehmen, um neue visuelle und andere künstlerische Werke zu schaffen“.

4. Übertragbarkeit auf deutsches Recht?
Von deutscher Seite fehlt es bislang an gerichtlichen Entscheidungen rund um den Schutz mittels KI generierter „Werke“. Vor dem Hintergrund, dass menschliches Schaffen Ursprung des urheberrechtlichen Schutzes ist, spricht jedoch viel dafür, dass die von den US-amerikanischen Behörden und Gerichten angewendeten Kriterien auch in Deutschland für die Einordnung herangezogen werden könnten und man damit zu denselben Ergebnissen käme.

5. Unter welchen Voraussetzungen kann KI-Output urheberrechtlich geschützt sein?
KI-Output erlang nach aktuellem Stand nur dann urheberrechtlichen Schutz, wenn und soweit das Ergebnis aus einem direkten, menschlich kontrollierten Beitrag resultiert. Das ist etwa der Fall, wenn ein von einem Menschen erstelltes Foto/Bild in die KI „eingelesen“ wird, um auf Basis dieser Vorgabe den Input mittels KI weiter zu bearbeiten. Dann ist und bleibt der „Grundstock“ – das menschlich geschaffene Bild – geschützt, solange es in dem KI-Output erkennbar bleibt. Gleiches gilt etwa, wenn der KI-Output von menschlicher Hand in ausreichendem Maße weiterbearbeitet und/oder -entwickelt wird, etwa weil Texte mittels eines Textgenerators geschaffen werden, sodann aber in genügendem Umfang ergänzt und umgeschrieben werden.
Achtung: Nur der menschliche Teil ist dann urheberrechtlich geschützt, unbearbeiteter KI-Output bleibt vom urheberrechtlichen Schutz ausgeschlossen.

6. Ausblick
Die weitere Entwicklung wird sicherlich zunehmend ausdifferenzierter werden, weil KI-Tools „näher“ an den menschlichen Vorgaben arbeiten werden können. Damit könnten die Kriterien der Vorhersehbarkeit und Kontrolle im Einzelfall erfüllt sein und das KI-Tool auf diese Weise in der Tat zum reinen, menschlich kontrollierten Werkzeug werden. Die Diskussion um den Schutz von KI-Output bleibt daher spannend – und erinnert zum Teil an die Diskussion beim Aufkommen der Fotografie im 19. Jahrhundert, als Fotografen ein vergleichbarer Schutz wie der der bildenden Künstler zunächst abgesprochen wurde, da der Fotograf nur den Auslöser der Kamera betätige.

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