Die Geister, die ich rief – YouTube und seine Verantwortung für Nutzerinhalte

von am 13. September 2018

Die Verantwortlichkeit von Plattformen wie YouTube für die Inhalte seiner Nutzer ist eine der ganz wesentlichen Fragen des aktuellen Urheberrechts auf internationaler Ebene. Bislang haben fast alle nationalen Gerichte eine Verantwortlichkeit von YouTube verneint. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nunmehr dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Der Streit

Der Kläger ist unter anderem Musikproduzent der Sängerin Sarah Brightman. Konzertausschnitte und Titel aus Alben von Sarah Brightman werden von Nutzern in erheblichem Umfang unrechtmäßig auf YouTube hochgeladen. Der Kläger nimmt die Betreiber von YouTube daher auf Unterlassung dieser illegal veröffentlichten Videos in Anspruch. Zudem will er feststellen lassen, dass die Beklagten selbst für unrechtmäßige Veröffentlichungen ihrer Nutzer schadensersatzpflichtig sind.

Der Kläger ist der Ansicht, dass YouTube selbst für die Inhalte hafte, die über die Plattform illegal abrufbar sind. Dies insbesondere, weil YouTube die Videos nicht lediglich abspeichere, sondern bei wirtschaftlicher und rechtlicher Betrachtung zum eigenen Vorteil einsetze. Weiter nehme YouTube einen relevanten Einfluss auf die Art der Darstellung und das Abrufverhalten von Videos aus dem Dienst.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass sie ihren Nutzern lediglich eine technische Hilfestellung zur Abspeicherung und Veröffentlichung von beliebigen Videos anböten. Als reiner Speicherplatzanbieter würden sie für die Inhalte selbst jedoch keine Verantwortung tragen. Denn das sog. „Host-Provider-Privileg“ des § 10 Telemediengesetzes privilegiere Speicherplatzbetreiber, da er eine generelle Verantwortlichkeit für die gespeicherten Inhalte ausschließe. Eine Haftung bestehe erst dann, wenn YouTube Kenntnis von einer konkreten Rechtsverletzung habe und dann untätig bleibe.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Auslegung von drei zentralen europäischen Richtlinien zum Urheberrecht vorgelegt. Konkret geht es um die sog. „InfoSoc-Richtlinie“ (RL 2001/29/EG), die „E-Commerce-Richtlinie“ (RL 2001/29/EG) und die „Enforcement-Richtlinie“ (2004/48/EG). Hintergrund dafür ist, dass die für das vorliegende Verfahren relevanten Vorschriften des deutschen Urheberrechts  und des Telemediengesetzes auf diesen Richtlinien basieren und daher europaweit harmonisiert sind.

Im Wesentlichen drehen sich die Vorlagefragen um den zentralen Punkt, ob YouTube für die von den Nutzern eingestellten Inhalte auch dann zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn die Betreiber bei der Veröffentlichung von den Inhalten im Einzelnen keine konkrete Kenntnis haben. Fraglich ist, ob eine solche konkrete Kenntnis für die Verwirklichung des Tatbestandes der öffentlichen Zugänglichmachung und für den Wegfall der Privilegierung als sog. „Host-Provider“ erforderlich ist.

Wie geht es weiter?

Bislang liegen nur die Vorlagefragen selbst vor und nicht die weiteren Überlegungen, die der Bundesgerichtshof hierzu angestellt hat. Der Europäische Gerichtshof wird sich die verschiedenen Aspekte im Lichte seiner bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung der Richtlinien ansehen und dazu sein Votum abgeben, das dann für die Gerichte der Mitgliedstaaten maßgeblich ist. Mit einer Entscheidung ist allerdings frühestens im Jahre 2019 zu rechnen. Es bleibt spannend.

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