Nicht fungible Token (NFT) – eine rechtliche Einordnung (Teil 4)
NFT – spätestens seit dem rückblickend epochalen Verkauf der digitalen Bildcollage „EVERYDAYS: THE FIRST 5000 DAYS“ des Künstlers Beeple im März 2021 scheint es so, als ob diesem Buchstabenkürzel nicht zu entkommen ist. Was aber sind NFTs und wie sind sie aus rechtlicher Sicht zu beurteilen? Im vierten Teil unserer Artikel-Reihe schauen wir auf Fragen, die mit dem Erwerb und dem Handel von NFTs einhergehen.
Welche Rechte werden beim Handel mit NFT erworben?
Bei den mit den NFTs verknüpften Assets handelt es zumeist um Elemente, die selbständig rechtlich geschützt sind, insbesondere etwa aus dem Urheberrecht. Gerade vor dem Hintergrund der beim Handel mit NFTs aufgerufenen hohen Summen stellt sich deshalb für den Erwerber eines NFTs die Frage, welche Rechte er an dem Asset durch den Kauf des NFTs erwirbt und in welcher Form er das geschützte Werk nutzen kann.
Wiederum ist wichtig, zwischen Asset und Token zu unterscheiden: Wie im ersten Teil unserer Artikel-Reihe dargestellt, wird der Asset nur in sehr seltenen Ausnahmefällen selber in der Blockchain hinterlegt werden. In den allermeisten Fällen jedoch wird der Asset an einem beliebigen Ort physisch und/oder digital hinterlegt sein. Der Token wiederum wird auf diesen Ort verlinken und die Zugangsrechte zu diesem Ort enthalten.
Mit dem Erwerb eines NFTs wird der Erwerber als sog. „Owner“ des NFTs in der Blockchain eingetragen. Diese durch die Transaktion bewirkte Veränderung des digitalen Datensatzes berührt den mit dem NFT verknüpften Asset jedoch grundsätzlich nicht. Der Speicherort des Assets wird regelmäßig ebenso der gleiche bleiben, wie die zu dem Speicherort führende Verlinkung. Mit dem Erwerb des NFTs geht lediglich die (eigentumsähnliche) Zuordnung des NFT an dessen neuen Inhaber über. Ob und in welchem Umfang mit dem Erwerb des NFTs auch Nutzungsrechte an dem damit verknüpften Asset eingeräumt werden sollen, hängt damit vom rechtgeschäftlichen Willen der Parteien ab.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich bei dem Asset um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Findet keine ausdrückliche Regelung im Rahmen eines Lizenzvertrags statt, so gilt die sog. „Zweckübertragungstheorie“ des § 31 Absatz 5 UrhG, mit der Folge, dass die Rechte tendenziell beim Urheber verbleiben und sich der Umfang der Einräumung von Nutzungsrechten streng nach dem Vertragszweck bestimmt. § 44 Absatz 1 UrhG präzisiert diese Regelung: Danach ist im Zweifel bei der Veräußerung des Originals eines Werkes keine Einräumung von Nutzungsrechten verbunden. Im Zweifel erwirbt der Erwerber eines NFTs also gerade keine Nutzungsrechte an dem verlinkten Werk, soweit dies nicht der Vertragsgegenstand selbst impliziert. Der Erwerb des NFTs und der Erwerb der Nutzungsrechte an dem damit verbundenen Asset sind demnach jeweils für sich genommen zu betrachten.
Wie wichtig diese Erkenntnis ist, zeigt der Fall der unter dem Namen „Spice DAO“ auftretenden Investorengruppe: Diese hatte bei einer Auktion für 2,7 Mio. US-Dollar einen NFT erworben, der auf ein Buch mit des Filmemachers Alejandro Jodorosky zum Klassiker „Dune“ als Asset ausgestellt war. Der Erwerb hatte das erklärte Ziel, Skript und Artwork des Buches zu monetarisieren, insbesondere durch die Produktion und Auswertung einer auf dem Skript beruhenden Fernsehserie. Nach dem Kauf mussten die Investoren jedoch erkennen: der NFT war lediglich auf das Eigentum an einem Buch ausgestellt! Ein sehr seltenes und umfangreiches Buch zwar, mit Artwork von berühmten Künstlern. Aber dennoch hatte „Spice DAO“ mit dem Erwerb des NFTs doch nur eine Wertmarke für ein Buch erworben. Nicht erworben jedoch wurden die Nutzungsrechte an Skript, Storyline oder Charakteren von „Dune“, die zur Herstellung und Auswertung einer entsprechenden Serie jedoch erforderlich gewesen wären.
Will der Erwerber eines NFTs den damit verbundenen, urheberrechtlich geschützten Asset nutzen, muss er sicherstellen, dass ihm die gewünschten Nutzungsrechte eingeräumt werden. Aus Sicht des Erwerbers sollte dies optimaler Weise ausdrücklich erfolgen, z.B. durch Abschluss eines zusätzlich zum Erwerbsvertrag des NFTs geschlossenen Lizenzvertrages. Eine solche Einräumung von Nutzungsrechten kann auch Bestandteil des NFT-Kaufvertrags sein und sich aus darin enthaltenen Lizenzbedingungen des NFT-Veräußerers ergeben. Lizenzbedingungen können in den Metadaten des NFTs verlinkt, oder in den Nutzungsbedingungen der Verkaufsplattform enthalten sein.
Dass mit dem Verkauf eines NFTs nicht automatisch Nutzungsrechte an dem damit verknüpften Asset übertragen werden, führt umgekehrt auch dazu, dass der Erwerber eines NFTs grundsätzlich dazu berechtigt ist, den erworbenen NFT weiter zu veräußern. Denn eine urheberrechtliche Verbreitungshandlung im Sinne des § 17 UrhG an den verknüpften Werken kommt nur in den speziellen Fällen in Betracht, in denen das urheberrechtlich geschützte Werk ausnahmsweise mittels eines körperlichen Datenträgers übergeben wird. Wie festgestellt wird der Asset regelmäßig an einem beliebigen Ort physisch und/oder digital hinterlegt sein und der Token auf diesen Ort verlinken und die Zugangsrechte zu diesem Ort enthalten. Beim Erwerb des NFTs werden diese Verlinkung und Zugangsrechte lediglich im Datensatz des NFTs auf den neuen Inhaber umgeschrieben. Dies stellt jedoch im Hinblick auf den Asset regelmäßig keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar.
Daraus folgt: mit den Mitteln des Urheberrechts allein wird der Urheber eines Assets nicht den (Weiter-)Verkauf des auf den Asset bezogenen NFTs kontrollieren können.
Der Weiterverkauf eines NFTs kann jedoch technisch im in NFT enthaltenen „Smart Contract“ eingeschränkt oder verhindert werden. So kann der Smart Contract beispielsweise so programmiert werden, dass der Ersteller des NFTs im Falle eines Weiterverkaufs an der Verkaufssumme automatisch beteiligt wird. Der Gestaltung der in den NFTs enthaltenen Smart Contracts kommt daher beim Handel mit NFTs eine ganz erhebliche Bedeutung zu.
Bereits in der Reihe erschienene Artikel:
Nicht fungible Token (NFT) – eine rechtliche Einordnung (Teil 1): Was sind NFTs?
Nicht fungible Token (NFT) – eine rechtliche Einordnung (Teil 3): Tokenisieren und Urheberrecht